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Dienstag, 8. Oktober 2013

Achtung, Radioaktiv 2! - Die strahlende Rückkehr

Weiter geht´s mit unserer Expedition in die Geschichte der Radioaktivität und all jenen merkwürdigen Augenblicken, in denen sie mit der Menschheit in Kontakt getreten ist - teils auf eine Art, die zum Schmunzeln verleitet, teils besorgniserregend und manchmal einfach nur so, dass man sich eine Dachlatte mit voller Wucht vor die Stirn hämmern möchte, um sich von den ausufernden Dummheiten abzulenken, die dort begangen worden sind.
Zunächst sollte vielleicht einmal genauer geklärt werden, was diese Radioaktivität überhaupt ist:
1.Atome haben Kerne; Diese bestehen aus Protonen und Neutronen
2.Jedes Element hat eine definierte Anzahl Protonen, die Anzahl an Neutronen jedoch variiert
3.Manche Protonen-Neutronen-Kombinationen sind stabil, andere nicht
4.Ein instabiler Kern wird versuchen, sich in einen stabileren umzuwandeln
5.Dies geschieht durch das Umwandeln und/oder Abspalten einzelner Kernbausteine
6.Dabei wird die Anzahl der Protonen und damit zwangsläufig das Element verändert
7.Bei der Umwandlung freiwerdende Energie tritt in Form von Strahlung auf
Oder kurz: Ein Element verwandelt sich in ein anderes und gibt dabei Strahlung ab (nicht mit Alchemie verwechseln; das wäre: Ein Element verwandelt sich in ein anderes und wenn es kein Gold ist, verlierst du deinen Kopf). Die Bezeichnung kommt wie so oft aus dem Lateinischen von radius = der Strahl. Außerdem sollte erwähnt werden, dass Strahlung nicht gleich Strahlung ist. Es können hauptsächlich drei Formen radioaktiven Zerfalls unterschieden werden. Zum einen wäre da die α-Strahlung, bei der zwei Protonen und zwei Neutronen aus dem Kern herausbrechen und ihr eigenes Leben als freies Heliumatom beginnen. Diese α-Teilchen haben zwar hohes Gefahrenpotential für menschliches Gewebe, aber nur, wenn man sie verschluckt, da sie die Haut und auch sonst eigentlich nichts durchdringen können und selbst in der Luft nur eine Reichweite von etwa 5cm haben (wie ich schon bei meinen Ausführungen zu Americium-Rauchmeldern aus dem letzten Blogeintrag beschrieb). Zum anderen gibt es die sog. β-Strahlung. β-Teilchen sind Elektronen, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aus dem Atomkern geschossen werden, nachdem dort ein Neutron in ein Proton und das besagte Elektron zerfallen ist. Diese Form radioaktiver Strahlung ist tendenziell weniger gefährlich für den Menschen und lässt sich bereits mit einigen Lagen Alufolie effektiv abschirmen. Zuletzt wäre da noch die γ-Strahlung, die nie allein, sondern nur als Begleitung anderer Zerfallsprozesse auftreten kann. Hierbei handelt es sich um hochenergetische Photonen, die sich weder von Türstehern noch von den dicksten Bleiplatten der Welt von ihrem Weg abbringen ließen. Wenn Röntgenstrahlung der Porsche Carrera GT im elektromagnetischen Spektrum ist, dann ist γ-Strahlung eins von den Modellen, mit denen die verwegenen, moralisch-fragwürdigen Helden aus Hollywoodstreifen eine Verfolgungsjagd durch die Innenstadt von Manhatten während der Rush-hour gegen das gesamte Polizeiaufgebot der USA inkl. einer Staffel kanadischer Mounties auf Rennpferden gewinnen und am Ende - mit Sonnenuntergang und Skyline im Rücken - irgendein Produkt der plastischen Chirurgie küssen, dessen Aufgabe im Film es war, Hotpants zu tragen..... Ich glaube, ich bin ein wenig abgedriftet. Jedenfalls könnte man das auch als einen Vorteil bezeichnen, denn die γ-Strahlung durchdringt mit der gleichen Zielstrebigkeit auch den menschlichen Körper und hinterlässt dabei in der Regel keine Spuren. Bedenklich wird es erst, wenn man der Strahlung über einen längeren Zeitraum ausgesetzt ist.
Entdeckt wurde die Radioaktivität übrigens von Marie und Pierre Curie, die dafür den Nobelpreis für Physik erhielten. Da die beiden außerdem bei ihrer Forschung feststellten, dass einige Bestandteile der von ihnen untersuchten Uranminerale, deutlich radioaktiver waren als Uran oder Thorium (die beiden zu jener Zeit einzigen bekannten radioaktiven Elemente) schlossen sie, dass sie noch weitere unbekannte Elemente enthalten müssten und begannen, sich einige Tonnen strahlender Pechblende (ein Uranmineral, hauptsächlich Urandioxid) zu kaufen und in großen Töpfen voller Säure zu kochen. Die Arbeit sollte sich lohnen, denn sie konnten Polonium (nach Marie Curies Heimatland Polen benannt) und Radium (heißt einfach nur so, weil es radioaktiv ist) isolieren und hätten wahrscheinlich auch beide dafür den Nobelpreis für Chemie verliehen bekommen. Da Pierre Curie allerdings ein unerfreuliches Zusammentreffen mit einer Droschke hatte, die nicht ganz so spurlos durch ihn durch fuhr, wie γ-Strahlung es wahrscheinlich getan hätte, erhielt letztlich nur seine Ehefrau den Preis.
Diese hatte sich übrigens mal während einer Feierlichkeit, zu der auch Lord Kelvin eingeladen war, mit selbigem in einen Besenschrank verkrümelt, um ihm eine Probe der von ihr entdeckten Elemte zu zeigen, die so radioaktiv war, das sie in der schummrigen Dunkelheit des Kämmerchens sichtbar leuchtete. Dieses beschauliche Zusammentreffen zweier unvergleichlicher Größen der Wissenschaft wurde schließlich von Kelvins Frau unterbrochen, die um den Ruf Marie Curies als "femme fatale" wusste und deshalb um die moralische Integrität ihres Ehegatten bangte - oder vielleicht auch um sein Geld, denn der Mann war, mal davon abgesehen, dass er einer, wenn nicht der bedeutendste Physiker seiner Zeit war, ein fleißiger Erfinder und hielt zu Lebzeiten über 70 Patente.
Kelvin selbst hielt es für seinen größten Erfolg, dass es ihm gelungen war, mit thermodynamischen Rechnungen das Alter des Planeten zu bestimmen - auf irgendetwas zwischen 24 und 200 Millionen Jahren. Es ist ja nicht so, dass ich persönlich etwas gegen die Thermodynamik hätte (doch habe ich), aber das es meist nicht viel mit der Realität zu tun hat, wenn man nur lustige Rechnungen anstellt und Monate seines Lebens damit verbringt, Näherungen auszuprobieren, um Differentialgleichungen lösbar zu machen wurde noch vor Kelvins Tod durch Ernest Rutherford bewiesen, der sich nach der Entdeckung der Radioaktivität sogleich auf diese stürzte und durch ein simples aber sehr einfallsreiches Experiment das Alter der Erde anhand des radioaktiven Zerfalls von Uran auf den deutlich besseren Wert von etwa 4,5 Milliarden Jahren beziffern. Da Kelvin aber ein Mann mit großem Einfluss war, konnte Rutherford es sich nicht erlauben, seine Ergebnisse als falsch anzuprangern. Stattdessen formulierte er vorsichtig, dass Kelvins Berechnungen - wenngleich hervorragend ausgeführt - niemals hätten korrekt sein können, da ihm die Radioaktivität, die in die Betrachtung hätte einfließen müssen, gar nicht bekannt war und wartete mit der Veröffentlichung seiner eigenen Ergebnisse bis Kelvin das Zeitliche gesegnet hatte.
Unter Rutherford arbeitete auch ein ungarischer Chemiker mit dem Namen György Hevesy, dem Rutherford die Aufgabe gegeben hatte, aus einem Bleiblock die radioaktiven von den nicht radioaktiven Bleiatomen zu trennen. Eine Aufgabe, die ihn zur Verzweiflung trieb, da sie chemisch unmöglich ist, was damals aber noch niemand wusste. Dieser ambitionierte junge Mann wohnte jedenfalls in einer Gaststätte und hatte den Verdacht, dass die Wirtin oftmals Essen, das auf den Tellern übrig blieb, in einem großen Topf warf, einmal gut durchrührte und am Tag darauf wieder auf den Speiseplan setzte (ich vermute mal als Eintopf des Hauses oder sowas). Der gute Hevesy nahm daher eines Tages ein wenig von dem radioaktivem Kram, mit dem er in der Uni arbeitete, und würzte damit seine Essensreste, bevor die Wirtin abräumte. Am Tag darauf zog er vor seinem ersten Bissen einen Geigerzähler aus der Tasche und konnte, zu seiner Genugtuung feststellen, dass seine Vermutung richtig war und er die Wirtin überführt hatte - das er dabei auch alle anderen, die vom "Eintopf des Hauses" gegessen hatten, mutwillig einem exorbitant erhöhtem Risiko ausgesetzt hatte, früher oder später an irgendeiner Form von Krebs und/oder Strahlenkrankheit zu sterben, sei ihm nicht in Gänze angelastet, da die gesundheitlichen Einflüsse der Strahlung noch gar nicht bekannt waren. Dieser Mann erhielt später einen Nobelpreis, für seine Entwicklung und Erforschung der Tracermethode, also der Anwendung radioaktiver Isotope, um chemische und biologische Prozesse nachvollziehbar zu machen...
Dass die schädlichen Wirkungen der radioaktiven Strahlung wirklich nicht weit bekannt waren, zeigt auch in welchem Umfang radioaktive Produkte für alle möglichen Dinge plötzlich frei verkäuflich erschienen sind. So gab es Zahnpasta mit dem Namen "Doramad", die in Deutschland produziert wurde und Thorium enthielt (das verwendete Thorium entstammte angeblichen französischen Vorräten, die von Nationalsozialisten während des 2. Weltkrieges geplündert wurde) und tatsächlich mit der Behauptung warb, "strahlend weiße Zähne" durch "radioaktive Strahlung" zu verschaffen. Außerdem gab es Zündkerzen mit Polonium für einen besseren Zündfunken, Radiumwasser, das unverhohlen als Allheilmittel angepriesen wurde, Zwieback, das mit Radiumwasser hergestellt wurde, Radiumtabletten, Radiumbadesalz, Keramikgefäße, in die Radium eingearbeitet war und die das Trinkwasser erfrischender und gesünder machen sollte, wenn man es über Nacht in ihnen aufbewahrt. Damit noch nicht genug: Es gab Radiumpads, die Man(n) während des Schlafens in die Unterwäsche stopfen sollte, natürlich um die Potenz zu steigern, Brillen mit Radiumlinsen (die nicht transparent waren) um Augenleiden, Fehlsichtigkeiten und Kopfschmerzen zu heilen und Kühlschrankdeodorants, die ungefähr so aussahen, wie die Dinger, die man in die Toilette hängen kann, und den Zweck hatten, mit ihrer radioaktiven Kraft schlechte Gerüche zu vernichten. Für eine sehr beeindruckende und irgendwie angsteinflößende Zusammenstellung verschiedenster dieser Fehltritte, kann ich wärmstens diese Seite empfehlen: http://www.orau.org/ptp/collection/quackcures/quackcures.htm
Neben all den Menschen, die im Glauben an die heilenden Kräfte der Radioaktivität früher oder spätere den Tod durch sie fanden, sind vielleicht die "Radium-Girls" das traurigste Beispiel. Diese Frauen waren Fabrikarbeiterinnen, deren Aufage darin bestand, Uhrzeiger mit Radium-haltiger Farbe zu bemalen, damit diese im Dunkeln leuchten konnten. Dummerweise hatten sie die Angewohnheit ihre Pinsel mit der Zunge anzufeuchten, damit sie feine Linien ziehen konnten. Da Radium in der selben Hauptgruppe steht wie Calcium und sich somit chemisch ähnlich verhält, wird es vom Körper bereitwillig in die Knochensubstanz eingebaut, wodurch die Frauen chancenlos ihr Leben verwirkt hatten. Es ist überliefert, dass einige von ihnen sich sogar die Fingernägel mit der Farbe lackiert haben sollen...
Wer glaubt, derartige Geschehnisse müssten den Menschen zu der Überzeugung gebracht haben, Radioaktivität nicht allzu leichtfertig zu behandeln, der ist leider im Irrtum. Noch heute werden hauptsächlich in Japan diverse Produkte hergestellt und verkauft, die Thorium enthalten und dazu dienen sollen, Trinkwasser aufzubereiten oder das Badeerlebnis zu verbessern. Es gibt sogar Stützstümpfe, in die Thorium-haltige Keramikfasern eingearbeitet sind, damit... ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung warum jemand so etwas tut. Sogar Uhren mit leuchtenden Zeigern und Ziffernblatt gibt es wieder, jetzt allerdings mit Promethium statt mit Radium bemalt. Nicht wirklich eine Verbesserung.
Wem jetzt etwas schummrig ist, den kann ich beruhigen. Er, Sie oder Es leidet nicht an der Strahlenkrankheit (außer es wurde vor kurzem an einem Ionisationsrauchmelder genuckelt), sondern hat einfach zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbracht, um meinen Blog zu lesen. Das kann ich natürlich niemandem verübeln, aber jetzt raus an die frische Luft und tief durchatmen - in vollem Bewusstsein, dass dabei auch ein bisschen 14CO2 durch die Lungen wirbelt.

Montag, 7. Oktober 2013

Achtung, Radioaktiv!

Bei Radioaktivität dachten die meisten Leute bisher wahrscheinlich an Tschernobyl, seit der jüngeren Vergangenheit auch an Fukushima, an strahlende Pilze und verseuchtes Wild. Manche mögen sich vielleicht auch Bilder von seltsam mutierten Lebewesen aller Art ausmalen, aber die wenigsten denken wohl über die Radioaktivität in ihren eigenen vier Wänden nach (ausgenommen vielleicht russische KGB-Köche, die das berühmte Polonium&Sardellen-Sandwich zubereiten oder freischaffende Künstler, die Skulpturen aus Uran meißeln). Tatsächlich ist unser tägliches Leben voll von radioaktivem Zeug und damit meine ich nicht irgendwelchen Abfall, der möglicherweise unsachgemäß entsorgt wurde, sondern ausschließlich natürliche Radioaktivität. Und nicht nur unsere Umgebung, auch wir selbst beherbergen instabile Atomkerne, weil wir das Kohlenstoffisotop 14C in uns tragen, das sich chemisch nicht im geringsten von seinem stabilen Verwandtem, dem 12C, unterscheidetund und deshalb überall da eingebaut wird, wo wir Kohlenstoff benötigen - und das ist wortwörtlich überall. Woher haben wir dieses exotisch anmutende Kohlenstoffisotop? Wir nehmen es mit der Nahrung auf, die es wiederum selbst durch Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid gewonnen hat, welches durch Einwirken kosmischer Strahlung auf 12CO2 in der oberen Atmosphäre entsteht. So wird der Gehalt an 14C auf der Erde in guter Näherung konstant gehalten.
Das bedeutet natürlich auch, dass unsere Atemluft, die nunmal Kohlenstoffdioxid enthält, radioaktiv ist. Ja, mit jedem Atemzug inhalieren wir etwas Radioaktivität und das vollkommen unabhängig von irgendwelchen Castortransporten, Umweltverschmutzung oder ob irgendwo auf der Welt auch nur ein einziges Atomkraftwerk existiert - nur mal so nebenbei bemerkt.
So weit, so gut.
Nun zu den weit absurderen Quellen der Radioaktivität, die sich hier und dort im Haushalt verstecken. Allen voran: die Banane! Bananen sind reich an Kalium und damit auch reich an 40K, einem radioaktiven Isotop, das etwa 0,012% allen natürlichen Kaliums ausmacht. Das klingt zwar nicht sehr viel, aber eine durchschnittliche Banane enthält etwa 0,5g Kalium, was einer Aktivität von ca. 15 Becquerel entspricht, was wiederum bedeutet, dass in einer Banane pro Sekunde 15 Kaliumatome dem radioaktiven Zerfall unterliegen. Man könnte nun versucht sein, aus Angst vor dieser Strahlenbelastung vom Bananenverzehr abzurücken, aber das wäre genauso unsinnig, wie mit besagtem Obst eine Tankstelle zu überfallen und zu behaupten, es handle sich um eine Strahlenkanone. Neben den zerfallenden Atomkernen enthält eine Banane nämlich noch so ungefähr 77.000.000.000.000.000.000.000 friedliche Kalium-Gesellen, die nicht daran denken zu zerfallen. Verfügt man jedoch über eine ganze Wagenladung Bananen, reicht deren Radioaktivität, um amerikanische Detektoren auszulösen, die eigentlich geschmuggelte Nuklearwaffen ausfindig machen sollen (wie hier nachzulesen ist). Es wurde sogar eine "banana equivalent dose" definiert, kurz "BED", um das Ausmaß einer nuklearen Bedrohung allgemein besser verständlich machen zu können. Ich persönlich glaube allerdings, dass er dem Ernst der Lage nicht ganz gerecht wird, wenn man die Gefährlichkeit einer Atombombe mit 5 KiloBananen beziffert... (Hinweis: Der Wert in BED müsste natürlich viel größer sein, aber a) hatte ich keine Lust so etwas unsinniges nachzurechnen und b) wäre das Wortspiel weniger gut, wenn ich GigaBananen geschrieben hätte.. man verzeihe es mir).
Mehr Kalium - bezogen auf 100g Nahrungsmittel - als in Bananen findet man z.B. in Kartoffeln, Datteln, Spinat und allg. in vielen Trockenfrüchten. Ein anderes Früchtchen, das nicht nur durch seine Radioaktivität glänzt, sondern auch - und vorallem - wegen des hohen Fettanteils (über 60%) ist die Paranuss. In diesem Fall liegt es aber nicht am Kalium, das ebenso vorhanden ist, sondern an der Eigenschaft des Paranussbaums, natürliches Radium aus dem Erdboden aufzunehmen, in den Samen einzulagern und so aufzukonzentrieren, wodurch Paranüsse etwa die fünffache Radioaktivität einer vergleichbaren Menge Banane erreichen können.
Kleiner Exkurs zu Paranüssen: Neben Radium wird in ihnen ebenfalls Selen angereichert. Damit sind Paranüsse der größte pflanzliche Lieferant dieses Spurenelementes. Hier ist tatsächlich Vorsicht geboten! Vergiftet man sich mit Selen - und das kann durchaus passieren, wenn man reichlich Paranüsse isst - folgen Haarausfall, unschöne Streifen auf den Fingernägeln und diverse Formen von Magen-Darm-Problemen. Außerdem gibt der Körper einen Teil des Selens über den Schweiß ab. Bakterien auf der Haut, die normalerweise Schwefel verstoffwechseln, nehmen dann dieses Selen auf und produzieren Stoffe, die so unfassbar stinken, dass es eine Untertreibung wäre, vom gesellschaftlichen Tod der Person zu reden. In Frankreich gab es mal ein Unternehmen, das Geruchsstoffe zur Markierung von Erdgas produziert hat. Dort gab es ein Leck und 5 Stunden später klingelten an der englischen Südküste die Telefone der Notrufzentralen heiß, weil die Menschen um Gasleckagen in ihren Häusern fürchteten. Das waren Schwefelverbindungen, Selen-Analoga riechen schlimmer.
Paranuss-Fakt Nr. 2: Paranüsse sind das einzige Nahrungsmittel, das über sexuell übetragbare Allergene verfügt. Es gibt medizinisch belegte Fälle, in denen ein Menschenmägdlein mit Allergie auf Paranüsse nach ungeschütztem Kontakt zu einem Menschenknäblein einen allergischen Schock erlitt.
Nun zu meiner Lieblingsbeschäftigung: Seitenhiebe auf Raucher verteilen. Tabakpflanzen, die den Rohstoff für die Herstellung von Zigaretten, Zigarren u.ä. darstellen, haben die Fähigkeit, natürliches Polonium aus dem Erdboden anzureichern (außerdem noch so nette Schwermetalle wie Nickel oder Cadmium und andere Dinge, die man eigentlich nicht in seiner Lunge haben möchte, wenn man noch bei Verstand ist), was dem mutagenen Rauch aus diesen glimmenden Vorboten des Todes auch noch das erbahmungslose Licht radioaktiver Strahlung verleiht.
Und zum Schluss vom Rauchen zum Rauchmelder. Der aufmerksame Leser erahnt es sicher schon: Auch hier versteckt sich Radioaktivität. Zugegeben, die meisten Rauchmelder in Deutschland kommen ohne aus, aber z.B. in Dänemark gibt es fast ausschließlich sog. Ionisationsrauchmelder, die über eine kleine Quelle radioaktiver Strahlung verfügen. Dabei wird Americium (241Am), das sich dadurch qualifiziert, dass es zwar eine hohe alpha- aber nur geringe gamma-Strahlung emittiert, verwendet. Die alpha-Strahlung kann die Abdeckung des Rauchmelders nicht durchdringen - genau genommen kann sie so gut wie gar nichts durchdringen, auch kein menschliches Gewebe und reicht selbst in Luft nur bis zu 5cm weit - und ist daher keine große Gefahr für den Menschen, solange die Strahlungsquelle nicht verschluckt wird. Deswegen sollten Rauchmelder für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden - am besten unter der Decke. Gamma-Strahlung hingegen durchdringt praktisch alles, sogar massives Blei, und kann bestenfalls abgeschwächt werden. Außerdem ist das Zerfallsprodukt des Americiums ein Neptuniumisotop (237Np) mit einer Halbwertszeit von über 2 Millionen Jahren und übersteigt damit deutlich die mittlere Lebensdauer des Rauchmelders selbst. Zweck des Ganzen ist, dass ein kleiner Detektor die alpha-Teilchen aus dem Americium-Zerfall detektiert. Dringt nun Rauch in den Raum zwischen Strahlungsquelle und Detektor und unterbricht so den Detektionsstrom, wird der Alarm ausgelöst. Diese Ionisationsrauchmelder sind zwar im Allgemeinen zuverlässiger, allerdings kommt Americium auf der Erde nicht natürlich vor und muss aus abgebrannten Brennstäben von Kernreaktoren gewonnen werden. Dabei können aus einer Tonne Kernbrennstoff etwa 100g Americium erhalten werden. Zudem sei angemerkt, dass der Gesetzgeber vorschreibt, dass der Bauschutt, der beim Abriss eines Gebäudes anfällt, welches nachweislich mit mindst. einem Ionisationsrauchmelder ausgestattet war, unabhängig von der Größe des Gebäudes vollständig als radioaktiver Sondermüll entsorgt werden muss.
Soweit der erste Ausflug in die kuriose Welt radioaktiver Dinge. Fortsetzung folgt!