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Donnerstag, 27. Juni 2013

Chemie Fernstudium... aus Hollywood?!

Ohne Chemie kein Hollywood. Keine gewaltigen Feuerbälle, keine Effektmunition, keine Silizium-basierte Halbleiterelektronik für "special effects" oder gar ganze Animationsfilme (da würden sogar bei Pixar die Lampen ausgehen...), keine spezialisierten Kleb- und Werkstoffe und somit kein Modellieren - weder von Drehsets noch von Gesichtern, bspw. nachdem sie auf Tuchfühlung mit einer laufenden Kettensäge gegangen sind, kein Zement, in dem Leute mit besonderen Verdiensten ihre Handabdrücke hinterlassen können (man vergleiche: in der Chemiker-Szene gibt es zu solchen Anlässen meist Medaillen in Edelmetall - und ich meine  richtiges Edelmetall: Rhodium, Ruthenium, Palladium und nicht dieses Anfängerzeug, "Gold" oder wie man das nennt) und die wahrscheinlich dramatischste Konsequenz, kein Botox... zugegeben, kein echter Grund zur Trauer, aber wenn man es streng nimmt, sind ja eigentlich auch die Biologen für das Melken der Botulinium-Bakterien zuständig.
Soviel zur Chemie hinter den Kulissen. Um die geht es mir aber überhaupt nicht. Wollte nur mal ein bisschen angeben, tue ich ja sonst nie. Viel wichtiger sind mir die chemischen Thematiken, die es auf die Bühne geschafft haben, um von begabten Schauspielerinnen und Schauspielern inhaltlich aufgearbeitet dem lernwütigen Publikum dargereicht zu werden.
Unser erstes Beispiel hierfür soll Kill Bill Vol. 2 sein. In der finalen Szene schießt der namensgebende Bill mit einem Pfeil auf die Heldin der Geschichte, der mit Natriumpentothal getränkt ist, das nach Bills Aussage ein Wahrheitsserum sei. Schauen wir mal, was dahinter steckt:
Pentothal
Natriumpentothal ist ein, wie der geübte Chemiker und Hobbypharmakologe an der Struktur erkennt, ein Barbiturat. Und wenn man Barbiturate hört, sollten sofort die Alarmglocken läuten. Diese Derivate der Barbitursäure sind durch die Bank dosisabhängige Schlafmittel mit hohem Abhängigkeitspotential, die ausnahmslos alle wegen ihrer kleinen therapeutischen breite sehr leicht überdosiert werden können und dann so stark atemdepressiv wirken, dass sie letztlich zum Tod durch Atemstillstand führen. Die Anwendung von Barbituraten in der Humanmedizin ist daher in Deutschland so gut wie vollständig verboten. Stattdessen wird es benutzt um Tiere einzuschläfern, von diversen Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz verwendet und als Wirkstoff für die Todesstrafe durch Injektion in Amerika eingesetzt. Dennoch muss man sagen, dass der Einsatz als Wahrheitsserum denkbar ist. Wenn das Pentothal richtig dosiert wurde (was, wie eben hoffentlich deutlich wurde, schon eine Aufgabe für sich ist) versetzt es den Patienten, bzw. das Opfer in einen Zustand geminderter kognitiver Fähigkeiten und gesenkter Konzentration. Dennoch fängt dieser nicht an, zwangsläufig nur noch die Wahrheit zu erzählen. Viel mehr kommt es auf die Technik an, mit der die Fragen gestellt werden. Dies muss in einer Art und Weise geschehen, die dem Befragten keine Zeit lässt, einen klaren Gedanken zu fassen. Suggestivfragen und rhetorische Finten müssen ihn aus dem Konzept bringen. Der Erfolg dieser Methode hängt damit deutlich stärker von der Eloquenz des Fragenden als vom Delirium des Opfers ab.
Etwas mehr Alltagsrelevanz kann da schon in den Erkenntnissen aus Star Trek gefunden werden. Die Realitätsnähe liegt hier nunmal auch direkt auf der Hand. Zu betonen ist aber, dass ich das einzig wahre Star Trek meine, das Original. Ohne Leonard Nimoy und William Shatner geht das einfach nicht. Wenn wir Staffel 1, Folge 19 (Titel: "Arena") betrachten, finden wir Captain Kirk auf einem Fremden Planeten lediglich mit Muskel- und Geisteskraft zum Kampf gerüstet in einem Duell Mann gegen Gorn auf Leben und Tod. So weit sollte den Meisten von uns diese Situation nicht vollkommen fremd sein, zumindest wenn man schon mal zusammen mit einem Biologiestudenten Zeit im Laborpraktikum verbringen musste durfte. Was nun tun in so einer Situation, in der man dem Gegner physiologisch hoffnungslos unterlegen ist? Richtig! Man aktiviert seinen chemischen Sachverstand, den man auch in Zeiten in denen nur noch mit Fasern und Photonentorpedos geschossen wird, nicht verstauben lassen sollte, und bastelt sich einen Sprengsatz. Das geht besonders einfach, wenn man wie Kirk große Vorkommen von Kohle und Schwefel an der Erdoberfläche findet und dann auch noch auf eine weiße kristalline Substanz stößt, die er könnerhaft per Geschmacksprobe als Kaliumnitrat identifiziert. Welches geeignetere Verfahren könnte es auch für einen - meines Wissens nach - geschmacklosen Stoff geben, der als potentes Oxidationsmittel dazu neigt, im menschlichen Körper Methämoglobin zu bilden und so zum Erstickungstod führt? Kommt davon, wenn man durchs All fliegt und dabei zu sehr die Bodenhaftung verliert... Kirk entscheidet sich dann dazu, eine Kanone zu bauen, seinen Sprengsatz in ein Bambusrohr zu füllen und wählt als Munition faustgroße Diamanten, die mal eben so auf dem Erdboden herumlagen. Warum auch nicht? Wer hat, der hat. Sicherlich keine schlechte Wahl, denn mit Geschossen von so hoher Härte gelingt es ihm, die Panzerhaut des Gorn zu durchstoßen und ihm so den Siegesstoß zu versetzen. Daraufhin sieht man das Echsenwesen blutend am Boden liegen, während Diamanten immer noch funkelnd aus seinem Brustkorb ragen. Dumm nur, dass die Diamanten als fossiler Brennstoff, der sie nun mal sind, in der Hitze der Explosion wahrscheinlich in Rauch aufgelöst hätten oder zumindest in Brand geraten hätten müssen. Zugegeben, die Druckwelle der Explosion hätte die Flammen auch wieder ersticken können, aber ich darf daran erinnern, dass hier mit einem Kiesel gemörsertes Schwarzpulver aus einem Bambusrohr verschossen wurde und kein Hochleistungssprengstoff zum Abriss von Hochhäusern. Ob das letztlich einen Nachteil bedeutet, weil die Diamanten verbrannt sind, bevor die den Gegner treffen oder einen Vorteil, weil er von brennenden Geschossen durchbohrt wird, vermag auch ich nicht zu sagen. Zumindest wissen wird jetzt aber, wir wir uns verteidigen können, wenn wir von außerirdischen Echsenmenschen überfallen werden, in unserem Vorgarten Diamanten herumliegen und im Keller Kalisalpeter und Schwefel abgebaut werden.